Die Vielfalt der Afrikanischen Buntbarsche

Von Buntbarschen die auf Inslen leben

 

 

Buntbarsche gehören mit etwa 1700 Arten zu den artenreichsten Fischen dieser Erde. Allein in den drei grossen Seen von Afrika leben rund 700 bis 1000 verschiedene Arten. Der Victoria-See: der drittgösste See der Welt beherbergt über 400 Cichliden. Er bildete sich vermutlich erst vor 750'000 bis 250'000 Jahren aus. Der Malawi- und der Tanganjika-See sind hingegen viel älter: 4 Millionen beziehungsweise zwischen 9 und 12 Millionen Jahre. Diese beiden Seen sind Teil des ostafrikanischen Grabenbruchs. Hier driften die Ost- und die Zentralafrikanische Platte auseinander. Daher sind die Seen entsprechend trogartig eingesenkt, sehr langgestreckt und extrem tief. Erstaunlicherweise geht diese Artenvielfalt weder allein auf das Alter der Cichliden als solche, noch auf das Alter des Seen zurück. Die grosse Vielfalt der Arten und deren Lebensweise entstand nämlich erst in den letzten Millionen Jahren und im Viktoria-See in einem noch viel kürzeren Zeitraum von etwa 14000 Jahren.

 

Doch wie kam es zu dieser Artenvielfalt bei den Buntbarschen? Dafür gibt es mehrere Gründe. Der wichtigste Grund ist sicher die anatomische Anpassungsfähigkeit der Fische. Cichliden haben nämlich als einzige Süßwasserfische zwei unabhängige Kieferapparate. Der erste Kiefer ist Bestandteil eines typischen Mauls und dient zum kontrollierten Einsaugen, Abschaben oder Abbeissen. Der zweite jedoch sitzt hinten im Schlund. Mit Hilfe dieser auch mit Zähnen besetzten Schlundknochen, die evolutionär ursprünglich Kiemenbögen waren, zerschneiden, zertrümmern, mahlen oder durchlöchern die Fische die Nahrung erst noch, bevor sie sie hinunterschlucken. Zudem sind beide Kiefersets äusserst anpassungsfähig, sogar beim gleichen Tier während seines Lebens. Dank dieser Eigenschaft vermag jede einzelne Cichliden-Art eine eigene ökologische Nische einzunehmen: Jede spezialisiert sich auf ein ganz bestimmtes, von den anderen verschiedenes, mitunter sehr enges Nahrungsspektrum. 

 

Inseln, also geographisch durch Wasser abgetrennte Landmassen sind eine wichtige Voraussetzung für die Evolution von einer Art zu einer neuen Art. Es muss aber nicht immer Wasser sein, das eine Art geographisch voneinander trennt. Ein Erdbeben kann zum Beispiel eine Erdverwerfung oder ein Vulkanausbruch kann ein für manche Tiere unüberwindbares Lavafeld hervorbringen. Im Wasser können Riffe oder Felsen wie Inseln sein, die getrennt durch Stellen an denen sich keine Riffe oder Felsen befinden zum unüberwindbaren Hindernis für einige Fischarten werden. Wichtig für die Evolution ist, dass solche Ereignisse selten sind aber häufig genug stattfinden.

 

Der Malawi-See änderte den Wasserstand im Laufe der Jahrhunderte mehrere male, so haben Forscher herausgefunden. Im 17. Jahrhundert war der Wasserstand um ganze 100 Meter tiefer als heute. Das führte in der Vergangenheit immer wieder zur Bildung einzelner voneinander getrennter Seen. Diese Seen sind genau wie die Beispiele weiter oben Inseln, die voneinander getrennt sind und von den Buntbarschen nicht überwunden werden können. Durch die hohe Anpassungsfähigkeit der Buntbarsche fanden diese in ihrer neuen Umgebung schnell die für sie besten ökologischen Nischen und spezialisierten sich auf diese. So entwickelten sie sich unterschiedlich von ihren geographisch getrennten Brüdern und Schwestern der gleichen Art, bis nach einiger Zeit eine neue Art entstanden war. Diese neue Art konnte sich nicht mehr mit der ursprünglichen Art paaren und so die Gene nicht mehr vermischt werden. Dies ist nur ein Beispiel für die Erklärung der riesigen Artenvielfalt bei den Buntbarschen. Schlussendlich ist es ein Zusammenspiel von schneller Anpassungsfähigkeit und der Bildung von ökologischen Inseln, die zu dieser schnellen Artenexplosion bei den Buntbarschen führte.

 

 

Mirko Fries

Quelle: Spektrum der Wissenschaft